Nach der Reha
Der Weg zum Pflegegrad
- Leistungen der Pflegeversicherung erhalten Sie nur, wenn Sie vorher einen Antrag auf Feststellung eines Pflegegrads bei der Pflegekasse stellen. Unterstützung dabei finden Sie beim Sozialdienst in der Rehabilitationsklinik schon vor der Entlassung Ihres Kindes.
- Ist der Antrag bei der Pflegekasse eingegangen, beauftragt diese im Falle der gesetzlichen Krankenversicherung den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MD) oder andere unabhängige Gutachterinnen und Gutachter zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den oben genannten sechs Bereichen. Bei der privaten Pflegeversicherung heißt der medizinische Dienst MEDICPROOF.
- Bei einem – zuvor angemeldeten – Besuch im Wohnbereich der versicherten Person ermittelt eine Gutachterin oder ein Gutachter des MD, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Pflegegrad vorliegt. Bundesweit gelten dabei einheitliche Begutachtungsrichtlinien. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die Begutachtung dort erfolgt, wo die pflegebürftige Person dauerhaft lebt beziehungsweise leben soll (§ 18 SGB XI).
In der Rehabilitationsklinik kann es zunächst zu einer Entscheidung nach Aktenlage und einer vorübergehend niedrigeren Pflegegradeinstufung kommen, da die häuslichen Bedingungen noch nicht mitbegutachtet werden konnten. Wenn Sie (zur Entlassung) eine Höherstufung bei der Pflegeversicherung beantragen, sollten Sie auf eine persönliche Begutachtung bestehen, sofern möglich, damit die tatsächliche Schwere der Beeinträchtigung Ihres Kindes angemessen ermittelt werden kann. Geben Sie bei dem Antrag auf Höherstufung auch unbedingt die Besondere Bedarfskonstellation nach § 15 Abs. 4 SGB XI an. - Das Ergebnis der Prüfung leitet die Gutachterin oder der Gutachter schließlich direkt an die Pflegeversicherung weiter. Dieses sogenannte Pflegegutachten ist maßgeblich für die Entscheidung der Pflegeversicherung über die Zuteilung eines Pflegegrads und dementsprechend über die Höhe der Leistungen.
- Die Entscheidung teilt die Pflegekasse Ihnen dann schriftlich mit. Innerhalb eines Monats können Sie gegen den Bescheid Widerspruch einlegen.
Unser Tipp:
Falls Ihnen das Gutachten nicht automatisch mit dem Ergebnis zugeschickt wird, fordern Sie es schriftlich bei der Pflegeversicherung an. Nur so können Sie die Einteilung in den jeweiligen Pflegegrad nachvollziehen.
Wichtige Hinweise
Die Leistungen der Pflegeversicherung werden nicht rückwirkend erbracht, sondern erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung. In der Regel wird der Antrag noch während der Rehabilitation Ihres Kindes durch den Sozialdienst der Klinik gestellt.
Die Bearbeitungsfrist für Anträge auf Pflegeleistungen ist gesetzlich vorgeschrieben und beträgt mit wenigen Ausnahmen 25 Arbeitstage. Eine Ausnahme ist etwa die Antragstellung auf Pflegeleistungen noch während Ihr Kind sich in der Rehabilitationsklinik befindet. Sofern die weitere Versorgung Ihres Kindes nach der Entlassung ohne Leistungen der Pflegeversicherung nicht sichergestellt ist, ist der MD verpflichtet, die Begutachtung im Laufe einer Woche durchzuführen.
Der Schwerbehindertenausweis
Menschen mit (komplexen) Behinderungen erleben häufig Einschränkungen, etwa bei den Möglichkeiten der Freizeitgestaltung oder in der Mobilität. Daraus entstehen auch zusätzliche finanzielle Belastungen. Um diese Benachteiligung auszugleichen, haben Menschen mit Behinderungen gegenüber Menschen ohne Behinderungen zusätzliche Rechte. Man spricht auch von sogenannten Nachteilsausgleichen.
Zu diesen Nachteilsausgleichen gehören etwa der kostenlose Transport im öffentlichen Nahverkehr (gegebenenfalls mit Begleitperson), ermäßigte Eintrittsgelder beim Besuch öffentlicher Einrichtungen oder Steuervergünstigungen.
Diese Rechte kann nur in Anspruch nehmen, wer die förmliche Feststellung der Behinderung nachweisen kann. Für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft müssen Sie einen Antrag beim Versorgungsamt stellen. Dort erhalten Sie auch das entsprechende Antragsformular. Alternativ ist das Formular auch bei den Sozialämtern und bei Behindertenverbänden erhältlich.
Im Schwerbehindertenrecht gilt der Begriff „Grad der Behinderung“ (GdB) als Maßstab zur Schwere einer Behinderung. Er wird in Zehnergraden von 20 bis 100 angegeben. Je gravierender die Beeinträchtigungen, umso höher der GdB. Die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch und die Ausstellung des Schwerbehindertenausweises erfolgt ab einem Grad der Behinderung von 50.
Zusätzliche Merkzeichen im Ausweis weisen auf besondere gesundheitliche Einschränkungen hin:
G | erhebliche Gehbehinderung |
aG | außergewöhnliche Gehbehinderung |
Gl | gehörlos |
H | hilflos |
Bl | blind |
RF | Befreiung oder Ermäßigung von Rundfunkgebühren |
B | Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson |
TBl | taubblind |
Formalitäten erledigt – und jetzt?
Wenn der Pflegegrad festgestellt wurde, können unterstützende Leistungen der Pflegeversicherung beantragt werden. Sobald der Schwerbehindertenausweis Ihres Kindes vorliegt, können Sie beziehungsweise Ihr Kind Nachteilsausgleiche erhalten. Diese Leistungen und Nachteilsausgleiche stehen Ihrem Kind ganz unabhängig von der Wohnsituation zu – für alle Kinder aus unseren einleitenden Fallbeispielen gelten diese Rechte gleichermaßen.
Welche Form der Versorgung für Ihr Kind nach der Reha infrage kommt, hängt von sehr vielen unterschiedlichen sachlichen Aspekten und individuellen Gegebenheiten ab. Jede Familie geht und findet dabei ihren eigenen Weg. Aber keine Familie muss diesen Weg alleine gehen. Aus den Erfahrungen anderer Familien ergeben sich vielleicht Anregungen für Ihre eigene Entscheidungsfindung. Bei der Orientierung hilft es auch, wenn Sie über die verschiedenen Wohnformen informiert sind.
Wir möchten Sie dabei mit den nachfolgenden Informationen und dem Aufzeigen von verschiedenen Möglichkeiten und Erfahrungen unterstützen.