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Formalitäten zum Ende der Reha
Für jeden Menschen, der pflegebedürftig wird, stehen altersunabhängig Leistungen der Pflegeversicherung bereit. Dabei wird unterschieden, ob die betreffende Person zu Hause oder in einer stationären Wohnform lebt. Immer gilt jedoch: Diese Leistungen werden nur auf Antrag gewährt. Mit dem folgenden Wegweiser zeigen wir Ihnen, wie Sie Ansprüche geltend machen können.
Was ist die Pflegeversicherung?
Bei der 1995 eingeführten Pflegeversicherung handelt es sich um eine Pflichtversicherung für alle gesetzlich und privat Versicherten, da prinzipiell jeder einmal pflegebedürftig werden kann. Das heißt, wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind, sind Sie automatisch auch in der sozialen Pflegeversicherung versichert. Aber auch beim Abschluss einer privaten Krankenversicherung ist die private Pflegeversicherung verpflichtender Bestandteil.
Träger der Pflegeversicherung sind die Pflegekassen, die bei den Krankenkassen angesiedelt, aber eigenständige Behörden sind. Alle Leistungen der Pflegeversicherung müssen bei den Pflegekassen selbst und nicht bei den Krankenkassen beantragt werden. Aber keine Sorge: Alle Anträge werden an die zuständigen Stellen weitergeleitet, sollten sie nicht gleich korrekt adressiert sein.
Der Umfang der gewährten Leistungen aus der Pflegeversicherung bemisst sich danach, wie schwer beeinträchtigt die pflegebedürftige Person ist – welches Maß an Selbstständigkeit und an Fähigkeiten sie in verschiedenen Bereichen hat.
Dabei werden 5 Pflegegrade unterschieden.
Grundsätzlich gilt: Die Pflegeversicherung deckt nicht alle Kosten der Pflege ab. Die verbleibenden Kosten sind – sofern möglich – von Pflegebedürftigen selbst oder ihren Familien zu tragen. Die Pflegeversicherung wird deshalb auch als „Teilleistungsversicherung“ bezeichnet. Menschen, die bedürftig im Sinne der Sozialhilfe sind, können die sogenannte Hilfe zur Pflege erhalten, um die Leistungen der Pflegeversicherung zu ergänzen.

Die Pflegegrade
Da Menschen in ihrer Pflegebedürftigkeit über unterschiedliche Grade an Selbstständigkeit verfügen, gibt es die Einteilung in 5 Pflegegrade. Zu dieser Einteilung werden 6 Bereiche (Module) begutachtet.
Module zur Pflegegradeinteilung
- Mobilität
Positionswechsel im Bett, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Halten einer stabilen Sitzposition … - Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, zeitliche Orientierung, Verstehen von Aufforderungen … - Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
Nächtliche Unruhe, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, depressive Stimmungslage … - Selbstversorgung
Alles, was in Zusammenhang mit Körperpflege und Ernährung steht … - Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
Medikation, Absaugen, Wundversorgung, Arztbesuche, Therapieeinhaltung … - Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Gestaltung des Tagesablaufs, Ruhen und Schlafen, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds …
Bei der Zuordnung zu einem Pflegegrad geht es ausschließlich um die Frage, welche Fähigkeiten bei Pflegebedürftigen vorhanden sind und welche Tätigkeiten sie selbstständig ausüben können. Wie viel Zeit Angehörige beispielsweise für die Körperpflege der Betroffenen benötigen, spielt bei der Zuordnung zu einem Pflegegrad dagegen keine Rolle.
Grundsätzlich lässt sich sagen: Je schwerer die Beeinträchtigung von Selbstständigkeit und Fähigkeiten, desto höher ist der Pflegegrad. Je höher der Pflegegrad, desto höher ist die Leistung der Pflegeversicherung.

Wichtig
Besondere Bedarfskonstellation:
Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und beider Beine
„Gemäß § 15 Abs. 4 SGB 11 können Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. In Betracht kommen Pflegebedürftige, die rein nach Punkten den Pflegegrad 5 nicht erreichen würden, dieser aber aufgrund der Schwere der Beeinträchtigung angemessen wäre. Als besondere Bedarfskonstellation ist nur die Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und beider Beine festgelegt. (…) [Diese] liegt zum Beispiel vor bei kompletten Lähmungen aller Extremitäten oder bei Menschen im Wachkoma. Auch bei hochgradigen Kontrakturen, Versteifungen (...) kann die besondere Bedarfskonstellation vorliegen. Eine Gebrauchsunfähigkeit beider Arme und beider Beine liegt auch vor, wenn eine minimale Restbeweglichkeit der Arme vorhanden ist oder nur noch unkontrollierbare Greifreflexe bestehen.“
Auszug aus „Richtlinien des GKV Spitzenverbandes zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit“ vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS), Seiten 56–57
Pflegegradeinstufung bei Kindern
Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch den Vergleich ihrer Selbstständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Schließlich ist es ganz natürlich, dass Kinder bis zu einem gewissen Alter in verschiedenen Bereichen Unterstützung und Hilfe von Erwachsenen brauchen.
Das gilt ganz besonders für Kinder im Alter bis zu 18 Monaten. Die Begutachtung für die Erteilung eines Pflegegrads beschränkt sich bei ihnen auf die 2 Module „Verhaltensweisen und psychische Problemlagen“ sowie „Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen“, weil auch gesunde Kinder in dem Alter vollständige Unterstützung im Bereich der Mobilität, der Selbstversorgung sowie der Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte benötigen und ihre kommunikativen und kognitiven Fähigkeiten ohnehin noch eingeschränkt sind.
Darüber hinaus wird nur berücksichtigt, ob gravierende Probleme bei der Nahrungsaufnahme bestehen, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf in diesem Bereich auslösen.
Der Weg zum Pflegegrad
Leistungen der Pflegeversicherung erhalten Sie nur, wenn Sie vorher einen Antrag auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit bei der Pflegekasse stellen. Unterstützung dabei finden Sie beim Sozialdienst in der Rehabilitationsklinik schon vor der Entlassung Ihres Kindes.
Ist der Antrag bei der Pflegekasse eingegangen, beauftragt diese im Falle der gesetzlichen Krankenversicherung den Medizinischen Dienst (MD) oder andere unabhängige Gutachterinnen und Gutachter zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den zuvor genannten 6 Bereichen. Bei der privaten Pflegeversicherung heißt der medizinische Dienst Medicproof.
Bei einem – zuvor angemeldeten – Besuch im Wohnbereich der versicherten Person ermittelt eine Gutachterin oder ein Gutachter des MD, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Pflegegrad vorliegt. Bundesweit gelten dabei einheitliche Begutachtungsrichtlinien. Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die Begutachtung dort erfolgt, wo die pflegebedürftige Person dauerhaft lebt beziehungsweise leben soll (§ 18 SGB 11).
Achtung:
In der Rehabilitationsklinik kann es zunächst zu einer Entscheidung nach Aktenlage und einer vorübergehend niedrigeren Pflegegradeinstufung kommen, da die häuslichen Bedingungen noch nicht mitbegutachtet werden konnten. Wenn Sie (zur Entlassung) eine Höherstufung bei der Pflegeversicherung beantragen, sollten Sie auf eine persönliche Begutachtung bestehen, sofern möglich. Geben Sie bei dem Antrag auf Höherstufung auch unbedingt die Besondere Bedarfskonstellation nach § 15 Abs. 4 SGB 11 an.
Das Ergebnis der Prüfung leitet die Gutachterin oder der Gutachter schließlich direkt an die Pflegeversicherung weiter. Dieses sogenannte Pflegegutachten ist maßgeblich für die Entscheidung der Pflegeversicherung über die Zuteilung eines Pflegegrads und dementsprechend über die Höhe der Leistungen.
Die Entscheidung teilt die Pflegekasse Ihnen dann schriftlich mit. Innerhalb eines Monats können Sie gegen den Bescheid Widerspruch einlegen.
Unser Tipp:
Falls Ihnen das Gutachten nicht automatisch mit dem Ergebnis zugeschickt wird, fordern Sie es bei der Pflegeversicherung an. Nur so können Sie die Einteilung in den jeweiligen Pflegegrad nachvollziehen.
Gut zu wissen:
Die Leistungen der Pflegeversicherung werden nicht rückwirkend erbracht, sondern erst ab dem Zeitpunkt des Antrags auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit. In der Regel wird der Antrag noch während der Rehabilitation Ihres Kindes durch den Sozialdienst der Klinik gestellt.
Wird der Antrag auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit während des Krankenhaus- oder Rehaaufenthaltes gestellt, ist der MD verpflichtet, eine Eilbegutachtung innerhalb einer Woche durchzuführen (anstelle der normalen Begutachtungszeit von 25 Tagen). Die Pflegekasse kann jedoch diese Eilbegutachtung verweigern, wenn im Anschluss an die Entlassung die Pflege ausschließlich durch Angehörige durchgeführt werden soll. Unser Tipp: Kombinationsleistung beantragen und direkt nach der Entlassung nach Hause auf Pflegegeld umstellen (siehe Finanzierung der Pflege).
Der Schwerbehindertenausweis
Menschen mit Behinderungen erleben häufig Einschränkungen, etwa bei den Möglichkeiten der Freizeitgestaltung oder in der Mobilität. Daraus entstehen auch zusätzliche finanzielle Belastungen. Um diese Benachteiligung auszugleichen, haben Menschen mit Behinderungen gegenüber Menschen ohne Behinderungen zusätzliche Rechte. Man spricht auch von sogenannten Nachteilsausgleichen.
Zu diesen Nachteilsausgleichen gehören etwa der kostenlose Transport im öffentlichen Nahverkehr (gegebenenfalls mit Begleitperson), ermäßigte Eintrittsgelder beim Besuch öffentlicher Einrichtungen oder Steuervergünstigungen.
Diese Rechte kann nur in Anspruch nehmen, wer die förmliche Feststellung der Behinderung nachweisen kann. Für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft müssen Sie einen Antrag beim Versorgungsamt stellen. Dort erhalten Sie auch das entsprechende Antragsformular. Alternativ ist das Formular auch bei den Sozialämtern und bei Behindertenverbänden erhältlich.
Im Schwerbehindertenrecht gilt der Begriff „Grad der Behinderung“ (GdB) als Maßstab zur Schwere einer Behinderung. Er wird in Zehnergraden von 20 bis 100 angegeben. Je gravierender die Beeinträchtigungen, umso höher der GdB. Die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch und die Ausstellung des Schwerbehindertenausweises erfolgt ab einem Grad der Behinderung von 50.
Zusätzliche Merkzeichen im Ausweis weisen auf besondere gesundheitliche Einschränkungen hin:
G | erhebliche Gehbehinderung |
aG | außergewöhnliche Gehbehinderung |
Gl | gehörlos |
H | hilflos |
Bl | blind |
RF | Befreiung oder Ermäßigung von Rundfunkgebühren |
B | Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson |
TBl | taubblind |