Lumia Stiftung

Nach der Reha

Entscheidungsfindung

Es ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die Entscheidung über die zukünftige pflegerische Versorgung Ihres Kindes zu treffen. Sie entscheiden für Ihr krankes Kind, aber auch für sich, Ihre Familie, Ihre Lebensplanung.

Bauch, Herz und Kopf

Äußere Umstände, familiäre Aspekte, Einstellungen und Gefühle spielen bei der Entscheidungsfindung eine Rolle. Manches beeinflusst vielleicht mehr als anderes. Vielleicht müssen Sie sich auch mit Ihrer Umwelt und der Bewertung Ihrer Entscheidung auseinandersetzen – viele äußern eine Meinung dazu, was eine Familie in so einer Situation entscheiden „sollte“. Manche halten eine Pflege zu Hause für unrealistisch, weil es zu kräftezehrend ist, andere eine Versorgung außerhalb für moralisch unvertretbar. Mit einigen dieser Vorbehalte hatten auch unsere eingangs vorgestellten Familien zu tun. 

Illustration Entscheidungsfindung Name Nuri

Anfangs fühlte es sich wie ein Abschieben an, als ich Nuri in die Einrichtung gab. „Die Behinderung von Nuri passt gerade nicht in mein Leben, deshalb muss sie also jetzt woanders wohnen?!“ lautete der stete Vorwurf meines inneren Kritikers. Dabei war eigentlich klar, dass die Pflege zu Hause gerade nicht möglich war, aber dass ich daran arbeiten wollte, sie Stück für Stück möglich zu machen. Ich habe sehr mit mir gekämpft und eine Weile gebraucht, bis ich damit meinen Frieden finden konnte. Meine Eltern und Geschwister haben mich unterstützt und mir gesagt, dass sie meine Entscheidungen mittragen.

Inzwischen bin ich froh, so entschieden zu haben und mein Leben langsam an die neue Situation mit Nuri angepasst zu haben. Als sie vor einem Jahr zu mir zurückzog, war ich gut vorbereitet und hatte mich in der Zwischenzeit auch um mich und meine berufliche Zukunft kümmern können. Der Alltag ist nun deutlich anstrengender, aber ich bin froh, Nuri wieder bei mir zu haben. Mit dem Pflegedienst an der Seite und familiärem Rückhalt fühle ich mich unserer neuen Lebenssituation gewachsen.

Esther, Mutter von Nuri

Name Marlene

Als ich vor der Entscheidung stand, wie ich Marlene nach der Reha versorgen wollte, war mir klar, dass ich es zu Hause nicht schaffen konnte. Es war einfach so viel passiert rund um Marlenes Unfall.

Meine Eltern hatten ihre Probleme damit, im Dorf wurde Anteil genommen, alle fragten, wann Marlene wieder nach Hause kommen würde. Ich habe viel mit einer Seelsorgerin gesprochen und irgendwann den Mut gefasst und meinen Eltern, Schwiegereltern und dem Freundeskreis gesagt, dass ich es nicht schaffe, sie zurück nach Hause zu holen. Anfänglich stieß diese Entscheidung auf Unverständnis. Trotz allem sei ich meiner Tochter doch verpflichtet, jetzt erst recht. Aber ich konnte gut darlegen, dass eine völlig überforderte Mutter nicht die beste Voraussetzung für eine gute Versorgung zu Hause ist. Ich wusste, dass es in unserer Gegend eine gute Einrichtung gab. Die Gespräche und die Besichtigung vor Ort stärkten meinen Entschluss, dass Marlene dort gut aufgehoben ist. Ich bin oft bei ihr, aber nicht jeden Tag. Ich habe Vertrauen in die Pflegekräfte vor Ort – das ist viel wert und, wie ich weiß, nicht immer selbstverständlich.

Nach anfänglicher Befangenheit begegnen mir die Leute im Dorf heute wieder ziemlich normal.

Ulrike, Mutter von Marlene

Name Charlotte

Die Option, unsere Tochter in eine Einrichtung zu geben, stand für uns nicht im Raum, weil wir es nicht mit unserem Gewissen hätten vereinbaren können, sie in dieser Situation in fremde Hände zu geben. Das soll nicht heißen, dass wir andere Eltern verurteilen, die andere Wege gehen, aber für unser Kind konnten wir uns nur eine Versorgung zu Hause vorstellen.

Wir hatten das Glück, dass unsere finanzielle Situation es zuließ, mit nur einem Gehalt auszukommen. Wir wollten erst einmal versuchen, ob wir ohne einen Pflegedienst zurechtkommen und das hat sich für uns bewährt. Ein-, manchmal zweimal im Jahr geben wir Charlotte in eine Kurzzeitpflegeeinrichtung und fahren mit ihrem Bruder in den Urlaub – das tun wir guten Gewissens, denn auch unser Akku muss immer mal aufgeladen werden.

Jan und Sabine, Eltern von Charlotte

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