Schwere erworbene Hirnschädigungen und Wachkoma
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Behandlung und Therapie
Neben der intensiven medizinischen und therapeutischen Behandlung sind die Ansprache und persönliche Zuwendung wesentliche Komponenten der Versorgung nach einer schweren Hirnschädigung.
Anders als früher wird das Wachkoma heute nicht mehr als unveränderlicher Endzustand, sondern als möglicherweise vorübergehender Zustand angesehen. Inzwischen wurde festgestellt, dass eine frühzeitige intensive Betreuung der Patientinnen und Patienten Fortschritte ermöglichen kann und für ihre Rehabilitation von großer Bedeutung ist. Hier ist es wichtig, aufwendige medizinisch-pflegerische Aspekte um therapeutische Angebote zu ergänzen. Aber ganz besonders brauchen die Patientinnen und Patienten intensive persönliche Zuwendung.
In der Regel folgt auf die Erstversorgung im Akutkrankenhaus die Verlegung in eine Einrichtung für neurologische Frührehabilitation. Dort werden die Patientinnen und Patienten von einem Team aus den Fachbereichen Medizin, Pflege, Therapie und Pädagogik gefördert. Sie erhalten regelmäßig Therapien, wie rehabilitative Pflege, Physio-, Ergotherapie, Logopädie und Atmungstherapie. Das zuständige ärztliche Personal koordiniert die notwendigen Therapien und deren Zielsetzungen mit dem Rehabilitationsteam. Es werden neurologische und allgemein-körperliche Untersuchungen durchgeführt und gegebenenfalls notwendige fachärztliche Untersuchungen veranlasst. Im Rahmen der Rehabilitation werden die Patientinnen und Patienten mit den passenden Hilfsmitteln ausgestattet, zum Beispiel mit einem Pflegebett, Rehabuggy, Rollstuhl oder einem System der unterstützten Kommunikation.
Welche Entwicklungen ein Mensch im Rahmen einer Rehabilitation macht, ist individuell sehr verschieden.
Nach der Rehabilitation erfolgt die Entlassung nach Hause oder in eine spezialisierte Einrichtung. Der Umzug, zum Beispiel wieder nach Hause in die vertraute Umgebung, ist für Patientinnen und Patienten ein wichtiger Schritt. Nach der Entlassung aus der Rehabilitation sind die Tage weniger eng getaktet, Therapien finden seltener statt, und es kann eine weitere Phase der Erholung und Verbesserung eintreten. Im längeren Verlauf sind dann in der Regel die Angehörigen, gesetzlichen Betreuungspersonen oder Fachkräfte aus Medizin, Therapie und Pflege diejenigen, die erneute Reha-Maßnahmen und ambulante oder stationäre Therapien initiieren und koordinieren. Eine ambulante Behandlung kann für Kinder in „Sozialpädiatrischen Zentren“ (SPZ) und ab dem Erreichen des 19. Lebensjahrs in „Medizinischen Zentren für Erwachsene mit Behinderung“ (MZEB) erfolgen.
Tipps für Eltern:
Vielleicht beobachten Sie, dass Ihr Kind wieder auf Ihre Anwesenheit oder auf die unterschiedlichen Therapien reagiert, dass es lernt, wieder zu schlucken oder Sie oder Gegenstände mit den Augen anzuschauen („fixieren“). Auch wenn die Schritte klein erscheinen mögen, können Sie Ihr Kind weiter in seiner Entwicklung unterstützen und bestärken. Als Angehörige können Sie sich vom Pflegepersonal und den Therapeutinnen und Therapeuten zudem anlernen lassen, wie Sie Ihr Kind therapeutisch fördern und pflegerisch versorgen können.
Sie können mit Ihrem Kind sprechen oder singen, da es möglicherweise hören und die Stimmen der nahen Angehörigen erkennen kann. Sinnvoll ist es auch, vertraute Dinge und Gerüche mitzubringen, denn gegebenenfalls kann Ihr Kind auch riechen und schmecken. Um Ihrem Kind Geborgenheit und Anregung zu geben, können Sie es streicheln, es auf den Schoß und in den Arm nehmen. Ihr Kind braucht den intensiven Körperkontakt und die Bewegung. Wir ermutigen Sie als Eltern, Ihrem Gefühl und Ihrer Intuition zu trauen, denn das ist eine wichtige Ergänzung zur medizinischen Versorgung.